Sarah Lukas aus Reichwalde


Veröffentlicht am: 26.04.2025  Aufgenommen am: 22.03.2025
Dauer: 1h 9min


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Episodenbild

Worum gehts?

In dieser Folge von ’s menschelt ist Romy gemeinsam mit Sarah Lukas in Reichwalde unterwegs. Sarah kennt das Dorf von klein auf und hat nach Stationen in Regensburg, Jena, den USA und Italien wieder den Weg zurück gefunden. Heute lebt sie mit ihrer Familie dort, wo sie aufgewachsen ist.

Im Gespräch erzählt Sarah, warum es ihr wichtig ist, sich einzubringen. Ob bei Besuchen zum Geburtstag älterer Dorfbewohner, im Sportverein oder in einem Hauskreis – sie erlebt, wie wertvoll Gemeinschaft sein kann. Nachhaltigkeit spielt in ihrem Alltag eine große Rolle. Sarah berichtet, wie sie versucht, Ressourcen zu schonen: mit Stoffwindeln, mit Kleidung aus zweiter Hand, einem eigenen Gemüsegarten oder durch den bewussten Umgang mit Konsum.

Romy und Sarah sprechen auch über die Bedeutung von Auszeiten, über Erfahrungen aus dem Ausland und die Entscheidung, in einem kleinen Ort zu leben. Dabei wird deutlich, dass es oft die einfachen Ideen sind, die viel bewirken – wenn man sie teilt und lebt.




Kapitelbilder

Zu dieser Episode von „'s menschelt“ gibt es ein vollständiges Transkript mit Zeitmarken und Sprecherzuordnung.

Bitte beachten: das Transkript wurde automatisiert erzeugt. Bei den Hauptfolgen werden wir so gut wie möglich versuchen, das Transkript nachzubearbeiten. Es kann aber auch immer sein, dass wir dafür keine Zeit hatten. Der automatisierte Prozess ist nicht sonderlich genau und das Ergebnis enthält daher mit Sicherheit eine Reihe von Fehlern. Im Zweifel gilt immer das in der Sendung aufgezeichnete gesprochene Wort.

Transkription der Episode anzeigen
Sarah 0:00:06

Also ich bin recht gut verwurzelt hier in Reichwalde.

Treffen uns alle zwei Wochen, Donnerstagabend. Dann deutschlandweit auf dem

Studienplatz beworben.

In anderen Ländern haben wir nicht so einen tollen Sozialstaat.

Romy 0:00:22

Aha, okay.

Sarah 0:00:24

Wir sind dann durchs Dorf gelaufen oder mit dem Traktor gefahren.

Aber das ist schön, also da ist hier sozusagen diese Schneise,

auf der wir gerade jetzt hier langlaufen, immer gut mit Menschen gefüllt.

Oder wir können auch durchs Dorf zurückgehen.

Romy 0:00:38

Was möchtest du mir denn noch zeigen?

Ja, wir sind heute unterwegs im schönen Reichwalde mit Sarah Lukas.

Sarah 0:00:50

Genau, hallo, guten Morgen.

Romy 0:00:52

Hallo.

Wer bist du und warum willst du hier mitmachen?

Sarah 0:00:57

Wer bin ich, ja.

Ich bin eine gebürtige Reichwalderin. Und ich wohne mit zeitlichen Unterbrechungen

seit 37 Jahren im Reichwalde.

Also zehn Jahre in etwa war ich nicht in Reichwalde und seit zehn Jahren in

etwa lebe ich wieder hier, zumindest hier in der Region.

Genau. Und warum möchte ich mitmachen?

Ich kann mir vorstellen, also ich bin recht gut verwurzelt hier im Reichwalde.

Ich bin auch so aufgewachsen, dass man im Dorfleben integriert ist,

also dass man sich engagiert in Vereinen oder in der Kirche.

Das war bei uns zu Hause, bei meinen Eltern auch schon immer so.

Und da bin ich halt auch so mit reingewachsen.

Und ich finde, um so richtig im Dorf mit dabei zu sein, gehört das auch dazu.

Weil es ja sonst auch recht einsam sein könnte. Genau.

Romy 0:02:06

Ich fasse zusammen.

Sarah 0:02:07

Ja.

Romy 0:02:09

Du möchtest mitmachen, weil du als verwurzelte Reichwalderin viel zu berichten

hast über die Aktivitäten des Ortes und das, was du hier so machst.

Sarah 0:02:21

Könnte man so sagen vielleicht.

Romy 0:02:23

Ja, na dann, leg mal los.

Sarah 0:02:26

Dann leg mal los, ja. Ich bin christlich geprägt.

Ich bin mit meinen Eltern quasi schon immer in der Reichwalder Kirche gewesen

und habe das dann auch, als ich hier wieder zurückgekommen bin,

für mich als wichtig erachtet, den Bezug zu der Kirche und zum Glauben halt auch zu leben.

Und da hatte ich mit einer Freundin bei so einem ähnlichen Spaziergang wie hier

den Gedanken, naja, man könnte ja auch was machen.

Noch machen, um quasi für jüngere Leute ein Angebot zu schaffen,

mit der Kirche in Kontakt zu treten sozusagen, also unabhängig jetzt von dem Gottesdienst.

Und da haben wir so einen Hauskreis für junge Leute ins Leben gerufen,

vor, weiß ich jetzt nicht, acht bis zehn Jahren.

Und genau, der ist noch aktiv.

Wir treffen uns alle zwei Wochen Donnerstagabend.

Wir haben ja alle keine theologische Ausbildung oder so,

sondern haben uns viele Themen irgendwie so ein bisschen alleine erarbeitet

oder hatten immer mal jemanden auch eingeladen, der uns offene Fragen,

die wir selber oder mit welchen anderen Hilfsmitteln nicht beantworten können, beantwortet.

Aber ja, wir haben auch so quasi so eine Zeitschrift, an der wir uns häufig

langhangeln, um sozusagen unseren Hauskreis zu gestalten.

Da sind immer aktuelle Themen drin und damit fahren wir so ganz gut.

Und es ist wirklich auch schön, so mit Gleichgesinnten sich auszutauschen,

aber teilweise auch kontrovers zu diskutieren oder so.

Genau, und das sind dann ja auch häufig Themen, über die man sich so im Alltag

nicht so Gedanken macht, Also die nicht immer so präsent sind.

Oder wo man noch mal einen Schritt weiter denkt, wenn man dann mal darüber gesprochen hat.

Genau, das ist so ein Engagement in der Kirche.

Dann besuche ich seit ein paar Jahren ältere Leute zum Geburtstag.

Also es gibt hier so einen Besuchsdienst.

Romy 0:04:46

Ah, ja.

Sarah 0:04:47

Der wurde in Reichwalde vor, ich weiß jetzt nicht, fünf, sechs Jahren vielleicht

von Bettina Jordanov eingeführt.

Und da hatte sie halt Leute gesucht, die sie quasi unterstützen,

dass man so ein Team ist. Und das fand ich ganz interessant.

Also ich hatte da ja auch noch keine Kinder und ich bin beruflich ja eher so

mit Zahlen unterwegs. Was hast du?

Aktuell arbeite ich in der Wirtschaftsprüfung in Weißwasser.

Romy 0:05:18

Uiuiui.

Sarah 0:05:19

Ja, also das macht mir wirklich Spaß. Das ist auch so mein Ding.

Aber das sind reine Zahlen sozusagen.

Wenig Kontakt mit Menschen. Und da fand ich diese Idee quasi zu älteren Leuten

zu gehen und denen zum Brotzeigen Freude zu machen.

Ganz schön und abwechslungsreich zu dem, was ich sonst so tue.

Romy 0:05:45

Das ist ein guter Ausgleich, ne?

Sarah 0:05:46

Genau.

Es hält sich natürlich in Grenzen. Ich kann jetzt ja nicht so viele Besuche

machen und das ist auch okay.

Wir sind ein Team und teilen uns das gut auf, aber ja, so ein paar Leute, ja, habe ich da.

Romy 0:05:57

Ach, schön.

Sarah 0:05:57

Genau.

Romy 0:05:58

Hast du denn schon mal von der Nachbarschaftshilfe gehört?

Sarah 0:06:01

Grundsätzlich gehört, ja, aber ich, also so richtig kann ich jetzt damit nichts

anfangen oder habe also keine tieferen Infos dazu.

Romy 0:06:09

Also die Nachbarschaftshilfe ist

Es gibt Menschen, die einen Pflegegrad haben, die Möglichkeit,

eine Art Entlastung für sich und ihre Angehörigen zu bekommen.

Das heißt, diejenigen, die einen Pflegegrad haben, haben Anspruch auf diese

Betreuungs- und Entlastungsleistungen.

Und der Nachbarschaftshilfe kann für circa zwölfeinhalb oder dreizehn Stunden

im Monat mit dem zu Pflegenden einkaufen gehen, sich unterhalten, austauschen,

ihm sozusagen Unterstützung bringen im Alltag, dass er nicht so alleine ist

und damit auch die pflegenden Angehörigen entlasten.

Und dafür macht man so einen Kurs, der geht zwei halbe Tage,

wo man gesagt bekommt, was man darf und nicht.

Man darf nämlich keine pflegerischen Leistungen machen, Tabletten geben und

der ganze Kram oder waschen und das Haus putzen den ganzen Tag,

das ist nicht dabei, aber tatsächlich so eine Begleitung.

Und das wird natürlich über die Pflegekasse und die Betreuungs- und Entlastungsleistung

mit 10 Euro die Stunde honoriert.

Sarah 0:07:16

Okay, das ist ja schön, dass es hier sowas gibt.

Romy 0:07:19

Genau. Und das gibt es Sachsenweit und das soziale Netzwerk Lausitz ist in Weißwasser

der Ansprechpartner für die Vermittlung und für die Ausbildung der Nachbarschaftshelfer.

Und solltest du zu deinem Besuchdienst und zu deiner Familie und so nach irgendwelchen

anderen Sachen machen wollen, wäre das vielleicht tatsächlich auch eine schöne Geschichte.

Weil ich könnte mir vorstellen, dass in Reichweite der Altersdurchschnitt auch relativ hoch ist.

Sarah 0:07:47

Genau, also ich kann es zeitlich im Moment nicht mehr stemmen.

Weil genau unser Tag ja schon sehr gut gefüllt ist.

Auch noch mit anderen Ämtern. Mein Mann ist ja auch nicht den ganzen Tag nur zu Hause.

Aber grundsätzlich finde ich den Gedanken sehr schön.

Romy 0:08:10

Nochmal zurück zu eurem Hauskreis. Also ihr trefft euch regelmäßig und besprecht

geistliche Themen, die ihr aus dieser Zeitung nehmt.

Haben die auch einen Bezug zum, ich sag jetzt mal, realen Leben?

Sarah 0:08:22

Ja, genau. Also es sind immer so aktuelle Themen.

Also wir hatten jetzt schon einen größeren Themenblock zum Thema Schöpfung im

Sinne von Nachhaltigkeit und Schöpfung bewahren und unserer Beitrag sozusagen hier,

um diese Schöpfung zu bewahren mit ein paar Ideen oder einfach so zum Austausch.

Genau, also es hat schon immer einen sehr praxisnahen Bezug,

sodass man das auch so in seinen Alltag dann mitnehmen kann.

Es gibt so eine Bibelstelle und dann wird versucht, das zu erklären aus der

Sicht damals sozusagen.

Aber immer der größere Teil ist eigentlich immer der, wie wir das in unserem

Leben übertragen können.

Romy 0:09:13

Und was ist dein Beitrag zur Erhalt der Schöpfung?

Sarah 0:09:17

Ja,

genau. Ja, viele kleine Schritte vielleicht.

Also wir versuchen, nicht wir versuchen, sondern wir essen nur am Wochenende

Fleisch, weil ja quasi die Massentierhaltung sozusagen umweltbelastend ist.

Genau. Ich bin dankbar darüber, dass ich die Kindersachen von meiner Ostend-Familien-Fundes nehmen kann,

weil ja auch gerade die Kleiderindustrie da einen ganz schönen großen negativen

Fußabdruck hinterlässt.

Und ich bin jetzt auch nicht die Shopping-Queen.

Ich versuche, meine Sachen auch gut abzutragen.

Also man kauft natürlich auch mal was, aber also so, dass man sich auch dessen

bewusst ist, wenn man sich was kauft, dass man da nicht wild drauf loskauft vielleicht.

Wir haben, wir nehmen hier vom Enderhof die Gemüsekiste, genau,

bauen ja auch selber in unserem kleinen Garten was an.

Es hält sich natürlich gerade auch alles in Grenzen, weil es feindlich ja auch machbar sein muss.

Genau, oder ich gehe eigentlich jede Woche in Weißwasser im Bioladen einkaufen,

also so quasi der biologische Gedanke. Genau.

Und ja, da habe ich auch Freundinnen sozusagen, mit denen ich mich da auch gut

drüber austauschen kann oder wo wir uns Tipps geben, dass man wieder ein schön

nachhaltiges Waschmittel oder sowas entdeckt hat.

Also einfach so durch Ausprobieren, durch um die Ecke denken,

was vielleicht eine Alternative so zu dem Mainstream sein kann.

Aber es muss natürlich trotzdem alles auch umsetzbar sein. Ja, genau.

Romy 0:11:08

Also ich finde den Gedanken sehr, sehr charmant, sich nachhaltig zu ernähren bzw.

Generell nachhaltig zu leben. Ich finde es im Alltag teilweise sehr schwer umzusetzen,

wenn man jetzt nur allein auf die Klamotten guckt.

Also die werden ja teilweise alle mit synthetischen Fasern hergestellt oder

viele. Also es gibt ja kaum noch reine Baumwoll, Hanf oder sonstige Produkte,

die aus reinen Naturfasern bestehen.

Und wenn, dann sind sie wahnsinnig teuer. Und das ist, glaube ich, so ein Abwägen.

Also A, was kann ich mir leisten und wie tief steige ich da ein?

Und dieses Kleidertausch, da gibt es ja auch so unterschiedliche Formate,

Kleiderflohmärkte und so.

Also das ist aus meiner Sicht ein guter Ansatz, wenn alle dann auch wirklich

sorgsam mit den Materialien umgehen.

Sarah 0:11:55

Genau, ja.

Romy 0:11:56

Das kommt ja dann auch dazu.

Sarah 0:11:59

Also genau, dass so kleine Schritte oder immer zumindest mal den Gedanken haben,

habe ich zudem eine Alternative.

Also zu dem normalen oder herkömmlichen.

Das gelingt nicht ständig, aber immer wieder.

Romy 0:12:16

Ja.

Sarah 0:12:16

Genau. Wir haben zum Beispiel unsere Kinder auch in Stoffwindeln gewickelt. Ui.

Romy 0:12:22

Na mit dem Waschen und so.

Sarah 0:12:25

Ja.

Romy 0:12:26

Okay, da bin ich gespannt. Erzähl mal, wie ist dieses Experiment gelaufen?

Sarah 0:12:31

Echt gut. Wirklich? Tatsächlich, ja. Also es gibt ja heutzutage mega viele unterschiedliche

Arten vom Stoffwindeln.

Also wir haben uns aber für quasi die DDR-Variante entschieden.

Also da habe ich auch gebraucht von einer Freundin abgekauft.

Diese Mulltücher mit so Saug-Einlagen. beziehungsweise habe mir dann aus alten

Handtüchern selber solche Einlagen

genäht und es gibt ganz süße und auch halbwegs preiswerte Überrosen,

damit das nicht ausläuft.

Es ging wahrscheinlich auch mal mehr, gerade am Anfang, so ein bisschen mehr

daneben als bei einer Pampers.

Aber ich war ja zu Hause, kann nicht sagen, dann ist es halt so.

Aber Quintessenz des Ganzen, beide Mädels waren mit unter zwei,

also eineinhalb, eineinhalb Viertel auch trocken.

Wir haben natürlich auch Töpfchentraining immer gemacht, aber dadurch,

dass sie das Gefühl hatten, dass es nass ist und eklig,

ist das Verständnis wahrscheinlich dann auch gereift, dass man ja das besser

woanders macht, das Geschäft.

Es ist, also gerade im ersten Jahr, wo man zu Hause ist oder wo ich zu Hause

war mit beiden, mit den Kindern, dann hatte man so seinen Waschrhythmus zweimal

in der Woche halt so eine Windelwäsche.

Das geht schon. Okay.

Also wenn man was will, dann kann man das auch.

Romy 0:14:03

Das ist ein guter Satz, ja. Dann kriegt man das auch irgendwie hin.

Sarah 0:14:07

Genau. Wenn wir im Urlaub oder so länger auf Reisen waren, dann haben wir natürlich

auch ein Wegwerfprodukt genommen, weil es ist ja dann auch nicht so angenehm,

mit dem stinkenden Zeug durch die Gegend zu fahren.

Ja, aber schön.

Romy 0:14:20

Das heißt, du trägst diesen Gedanken auch oder gibst diesen Gedanken auch an

deine Kinder weiter und die werden so in diesem nachhaltigen Sinne erzogen.

Also nicht zu viel wegschmeißen und wirklich gucken, was brauche ich und ist das jetzt sinnvoll?

Sarah 0:14:33

Genau, also inwieweit die das jetzt mit knapp zwei und vier...

Romy 0:14:38

Schon verstehen, ja.

Sarah 0:14:39

Das verstehe ich nicht, aber das ist ja, also so leben wir und so wachsen sie ja auf.

Also deshalb, was sie dann mal draus machen, das weiß ich nicht.

Romy 0:14:48

Ja, das stimmt.

Sarah 0:14:48

Das haben wir dann ja auch irgendwann nicht mehr in der Hand, aber...

Erstmal kriegen sie es so mitgegeben.

Romy 0:14:54

Und trägst du dieses Thema auch ganz offensiv in die Nachbarschaft oder in die

Reichwalder Gesellschaft?

Oder ist das tatsächlich sowas, was du nur im Kleinen tust, was ja schon sehr viel ist?

Sarah 0:15:13

Nee, ich denke, also es ist ja auch immer so eine Sache, man will sich ja auch

niemanden aufdrängen oder wichtig machen damit, sage ich mal.

Also so anders sein kann ja auch mal, kann man ja auch anecken.

Das ist jetzt auch nicht so schlimm, da stehen wir auch drüber.

Aber man will ja auch nicht so oberlehrerhaft da drüber kommen.

Aber wie du das machst, ist das ja voll unökologisch. Also wir hoffen sehr,

dass wir da nicht so rüber kommen.

Aber wenn es so ist, naja, vielleicht hilft es ja auch dem einen oder anderen,

den Blickwinkel mal zu verändern.

Genau, wir machen ja gerade quasi unser Nebengebäude und da wollen wir auf einen

Teil, haben wir hinten so ein Schleppdach für Fahrräder und da wollen wir so

eine Dachbegrünung machen. Ja.

Und da hat mein Mann mir heute früh am Frühstückstisch gesagt,

wenn ich das so erzähle, da sprechen natürlich oder wissen natürlich irgendwie

alle gleich, das macht ihr doch, weil das ökologisch ist.

Also heißt das ja irgendwie, die Leute, also unsere Freunde,

unser Bekanntenkreis merkt, dass wir da so ein Denken haben. Ja. Genau.

Romy 0:16:23

Und führt das zu Diskussionen oder eher zu angeregten Gesprächen?

Sarah 0:16:29

Keine negativen Diskussionen. Also ich weiß jetzt nicht, wie das ausging oder wie auch immer.

Also zumindest werden wir so wahrgenommen offenbar, dass wir uns darüber Gedanken machen.

Romy 0:16:42

Ja, okay. Also habt ihr so eine kleine Vorbildfunktion hier in Reichwalde?

Sarah 0:16:47

Naja, vielleicht auch ein bisschen hochgestapelt. Also da gibt es ja auch noch

andere, die da total coole Ideen haben und andere.

Nachhaltige Sachen machen, aber ich glaube so in unserem Bekannten und Familienkreis,

ich will nicht von Vorbildfunktion sprechen, weil ich niemanden vorleben möchte,

wie er zu leben hat oder so.

Also das wollen wir uns ja überhaupt nicht anmaßen, aber die wissen,

dass für uns das wichtig ist und das reicht uns. Also das ist okay.

Romy 0:17:23

Schön.

Sarah 0:17:24

Genau. Ja.

Romy 0:17:26

Viele kleine Schritte. Könntest du dir denn vorstellen, in Reichwalde so einen

Workshop zum Thema Nachhaltigkeit zu machen?

So, wo du den Leuten erklärst oder nicht erklärst, sondern mit den Leuten vielleicht

Dinge erarbeitest, die man tatsächlich relativ leicht im täglichen Tun umsetzen kann,

ohne dass man auf viel verzichten muss und ohne dass es ein gigantischer Mehraufwand

ist oder wahnsinnig viel kostet, wie zum Beispiel Waschmittel selber herstellen.

Oder Tabs für die Spülmaschine.

Sarah 0:18:01

Grundsätzlich kann ich mir das vorstellen. Ja, klar.

Warum nicht? Also man kann ja einfach nur so die eigenen Erfahrungen,

die man oder die ich so in den letzten zehn Jahren oder x Jahren gemacht habe,

auch weitergeben oder ins Gespräch kommen.

Also ich alleine, vielleicht würde ich das nicht so machen, sondern vielleicht

auch mit anderen Leuten, wo ich weiß, dass die auch quasi diese Gedanken leben

und sich da auch schon beschäftigt haben.

Also dass man vielleicht das eher so in der Gruppe macht, weil ja jeder andere

Erfahrungen auch mitbringt.

Also das ist ja jetzt ganz speziell so meine Erfahrung und meine Sicht.

Leute würden ja vielleicht noch mehr da mitnehmen, wenn auch noch andere ihre

Erfahrungen mit einbringen. Ja, genau.

Ja, auf jeden Fall. Also kann ich mir vorstellen, ja.

Romy 0:18:55

Könnte sich in so einem Nähnachmittag, ich habe rausgehört, dass du nähst,

da könnte sich das ganz gut anbieten.

So, was für Material haben wir denn jetzt hier und wo kommt das denn her und

naja, ist das überhaupt nachhaltig und so. Also das wäre...

Sarah 0:19:11

Zum Beispiel, genau.

Romy 0:19:13

Und du nähst für dich alleine oder bietest du das auch irgendwo an oder machst

du das mit Freunden zusammen?

Sarah 0:19:18

Also das Nähen an sich mache ich eigentlich alleine.

Einmal im Jahr fahre ich seit einigen Jahren mit meiner Mutti und mit Freundinnen

meiner Mutti und meinen Freundinnen in die Nähe von Dahme, Mark,

das ist in der Region Teltow-Flemming, also Richtung Potsdam.

Da hat eine Freundin meiner Mutti vor, keine Ahnung, vielen,

vielen Jahren einen Kontakt hergestellt zu einer Näh- und Filzbude, heißt es.

Und ja, seit einigen Jahren fahren wir da einmal im Jahr über ein Wochenende

hin und nähen und filzen da in Gemeinschaft.

Ach cool, das hört.

Romy 0:20:02

Sich spannend an.

Sarah 0:20:05

Das einzige Problem, was du dort hast, ist, passt dieser Stoff zu diesem Stoff?

Und alles andere, also ich kann da so krass abschalten, weil man muss sich ja

schon konzentrieren beim Nähen oder auch beim Filzen, weil man muss ja immer

voll dabei sein und dann kann ich da alles ausblenden.

Und das ist auch so mitten in der Walderei noch kleiner und ruhiger als Reichwalde.

Also da ist nicht viel Ablenkung.

Und das ist wirklich schön, so dieses Einmal im Jahr, diese Auszeit.

Und ansonsten ist natürlich jetzt aktuell auch nicht mehr so viel Zeit,

dass ich da ständig nähe.

Also ich nehme mal das ein oder andere Geburtstagsgeschenk oder mal was für meine Kinder.

Ich habe auch was schon für mich genäht. Aber das ist ein bisschen schwieriger.

Romy 0:21:00

Weil dein Geschwack so exquisit ist?

Sarah 0:21:02

Nee, weil es dann doch nicht so aussah, wie man es dachte.

Das Material dann doch nicht das Richtige war, weil es nicht so richtig fällt.

Und deshalb sieht es komisch aus.

Man muss sich ja auch wohlfühlen in der Kleidung. Und wenn das dann nicht so

das Ergebnis nicht so 100 Prozent zufriedenstellt, dann ist man auch nicht so

motiviert, dann gleich noch ein paar Blusen zu nähen oder so.

Romy 0:21:29

Das stimmt. Aber was hast du denn dann gemacht mit den Sachen,

die dir nicht gefallen haben im Sinne der Nachhaltigkeit?

Sarah 0:21:35

Ich trage sie trotzdem.

Beziehungsweise, also so viel für mich habe ich tatsächlich noch gar nicht genäht.

Ich habe dann, nee, also ich habe zwei, drei Kleider und zwei Blusen genäht, die ziehe ich auch an.

Romy 0:21:50

Okay.

Sarah 0:21:51

Ja, vielleicht nicht zum festlichsten Anlass oder so, aber so im Alltag, das ist schon okay.

Oder wenn es halt misslungen ist, dann hebe ich es auf. Ich meine,

da ist ja immer noch Stoff, den man verwenden kann, dann macht man halt was anderes draus.

Romy 0:22:03

Verflappen. Oder so.

Sarah 0:22:05

Oder ein Kindershirt.

Romy 0:22:11

Ach schön. Aus welchem Grund bist du weggegangen und was hat dich bewogen,

wieder zurückzukommen?

Sarah 0:22:17

Also nach der zwölften Klasse hatte ich wirklich das Bedürfnis,

hier mal aus der Enge auszubrechen sozusagen.

Und ich habe mich dann deutschlandweit auf dem Studienplatz beworben und guck mal, was so geht.

Und habe dann, wie so vieles in meinem Leben, einfach aus dem Bauch heraus entschieden,

dass ich nach Regensburg gehe, weil es einfach ein schönes Stadt ist.

Und ja, die Fachhochschule, an der ich dann dort studierte, hat auch einen recht guten Beruf.

Das mussten ja mehrere Sachen auch zusammenpassen. Genau.

Und ja, also ich hatte das Gefühl, ich muss jetzt was Eigenes machen.

Ich muss mal weg. Und ich hatte da auch in den ersten Jahren Heimweh und so

knapp ran, weil es ja doch auch anders war.

Aber ich habe es halt durchgezogen irgendwie und im Nachhinein war das eine

sehr gute Entscheidung.

Und ich habe mich so durchgewurschtelt und das prägt ja einen auch so in seinem Leben. Genau.

Und habe dann dort genau in Regensburg erst ein paar Semester soziale Arbeit

studiert, wo ich dann aber ganz schnell gemerkt habe, okay, das ist nicht mein,

das kann ich nicht, das ist mir,

da nehmen mich Schicksale auch zu sehr mit.

Romy 0:23:44

Ja.

Sarah 0:23:44

So oder da weiß ich nicht, ob ich immer die Distanz dann zu dem Klienten wahren kann.

Kann ich verstehen. Und ich hatte mein Fachabitur in Surtzaft gemacht und habe

dann sehr langweiligerweise BWL studiert.

Aber das hat schon dann auch gepasst.

Romy 0:24:04

Und du warst zehn Jahre in Regensburg dann?

Sarah 0:24:06

Nee, ich war fünf Jahre in Regensburg.

Ein halbes Jahr davon habe ich mein Praxissemester in den USA gemacht.

Und dann ging es darum, also es wurde erst auch das Bachelor- und Master-System

beim Studium so eingeführt.

Romy 0:24:24

Ach so.

Sarah 0:24:25

Und dann ging es halt darum, entweder nach dem Bachelor arbeiten oder noch den Master machen.

Romy 0:24:29

Ja.

Sarah 0:24:30

Und dann hatte ich mir aber gedacht, nö, ich mache den Master noch.

Und hatte aber schon irgendwie so ein bisschen das Gefühl, naja,

ein kleines bisschen weiter zurück Richtung Heimat wäre auch nicht schlecht.

Weil man oder ich habe ja wirklich bin ja trotzdem regelmäßig nach hause gefahren

mit mitfahrgelegenheit und so weiter und,

Da habe ich natürlich auch echt viel Zeit auf der Straße, also auf der Autobahn verbracht.

Und das ist schon auch, ja, es ist eine verlorene Zeit. Viel Lebenszeit, genau.

Ja, und dann war ich in Jena an der Universität, habe dort meinen Master gemacht.

Ein Jahr direkt in Jena und ein Jahr davon in Italien, also über so ein Erasmus-Programm in Brescia.

Das ist zwischen Mailand und dem Gardasee.

Romy 0:25:20

Also Erasmus-Programm heißt, das ist ein Austauschprogramm zwischen Studierenden

aus unterschiedlichen europäischen Ländern, ne?

Sarah 0:25:26

Genau, das ist so eine Kooperation. Das heißt, man wurde dort auch gut aufgefangen.

Dann gab es auch viele andere Studenten aus anderen Ländern,

unter anderem auch aus Deutschland.

Aber man wurde dort wirklich gut aufgenommen. Es gab viele Angebote,

wo man was machen kann und so weiter.

Ja, das habe ich dann ein Jahr gemacht und dann war nur noch die Masterarbeit offen.

Und da bin ich wieder nach Reichwalde zurückgekehrt, weil, also zu meinen Eltern

sozusagen nach Hause, weil ich dann in Jena auch keine Wohnung mehr hatte beziehungsweise

meine Kommilitonen auch nicht mehr da waren.

Und ich mir dachte, naja, was soll ich denn dann alleine in Jena eine Wohnung

zahlen? Also ist ja auch immer eine Kostenfrage als Student.

Und da durfte ich wieder, meine Kinder zu mal ziehen.

Romy 0:26:10

Sicherlich auch eine große Umstellung nach Regensburg, USA, Jena und Italien.

Sarah 0:26:17

Genau, aber...

Romy 0:26:18

Mit Konflikten behaftet, oder?

Sarah 0:26:21

Nö, es hat sich eigentlich ganz gut angefühlt. Also natürlich muss man sich

ja, wenn man auch sein eigenes Leben aufgebaut hat, so seine eigenen Routinen

findet, dann wieder bei den Eltern sich einordnen.

Romy 0:26:35

Das muss sich einruckeln wieder,

Sarah 0:26:36

Ne? Genau. Aber meine Eltern sind das auch gewöhnt, weil alle ihre drei Kinder

da eine gewisse Zeit lang als Erwachsene und auch mit Partner oder sogar Kind

dann bei den Eltern gewohnt haben.

Deshalb, ja, die sind da hart im Leben gewesen.

Fanden es auch schön, allen die Möglichkeit zu geben, sich da erstmal wieder

zu orientieren und zu gucken, was jetzt der nächste Schritt ist. Genau.

Genau, ja. Und dann war ich wieder hier.

Romy 0:27:11

Ja, und wie hat dich dieses, also in Deutschland unterwegs zu sein,

ist eine Geschichte. Du sprichst die gleiche Sprache, es ist die gleiche Kultur.

Und wie haben dich diese zwei Auslandsaufenthalte geprägt? Und was hat es denn

mit dir gemacht, wieder zurückzukommen in diese, wie du ja gesagt hast,

du wolltest aus der Enge raus, in diese deutsche Enge?

Also ja, genau, was ist da passiert?

Sarah 0:27:32

Also ich denke, dass dieses, ich glaube, mein Blick auf viele Sachen ist halt gelassen.

Romy 0:27:42

Gelassen?

Sarah 0:27:43

Naja, also ich, ja, schwer gelassen.

Romy 0:27:49

Gelassen sind Sie fair in dem Bezug vorauf?

Sarah 0:27:53

In anderen Ländern haben wir nicht so einen vollen Sozialstaat.

Romy 0:27:57

Aha, okay.

Sarah 0:28:01

Oder in Italien zum Beispiel, das war ja 2012,

da habe ich mitbekommen, dass dann ganz viele Studienabsolventen keinen Job gefunden haben,

jahrelang bei den Eltern wohnen, weil die Wirtschaftskrise in Italien,

also es war ja auch Norditalien, der Norden ist ja immer auch noch wirtschaftlich

besser aufgestellt als der Süden.

Die haben da einfach keinen Job gefunden, also die hatten keine Perspektive.

Es herrschte völlige Perspektivlosigkeit für junge Leute, die ein Studium abgeschlossen

haben, wo man sich eigentlich denkt, die sollen doch euer Land voranbringen.

Ich meine, das war ja kurz nach der Wirtschaftskrise so, aber da war Deutschland

schon deutlich besser aufgestellt.

Und hier haben die jungen Leute schon einen Job gefunden, auch einen guten oder

einen in der Region, wo man es möchte.

Also zumindest besser als in Italien, was ja auch ein europäisches Land ist.

Romy 0:29:01

Weil viele Leute ja sagen, wir leben in einer Region, wo es keine Perspektiven

gibt. Wie siehst du das denn?

Du bist ja bewusst wieder zurückgekommen. Also nicht mehr oder weniger bewusst. Ja, doch.

Sarah 0:29:12

Es hat sich dann alles so gefügt. Also ich hatte, das ist jetzt meine dritte Stelle nach meinem,

also in meiner beruflichen Laufbahn, das, was ich jetzt gerade mache,

seit August letzten Jahres meine dritte Stelle.

Und ich hatte nie Probleme, wirklich einen Job zu finden.

Also der erste Job dann quasi nach dem Studium, das war noch so das Schwierigste,

weil man ja als Studiumanfänger, hast du zwar zehn Jahre studiert,

wirst du aber trotzdem nicht. Ja, ja.

Romy 0:29:43

Theorie und Praxis.

Sarah 0:29:44

Genau. Ja, aber das ist natürlich meine Erfahrung sozusagen,

dass ich da jetzt beruflich sozusagen keine Stolpersteine hatte.

Und darüber bin ich auch dankbar und also das ist mir auch bewusst,

dass das vielleicht anderen nicht so geht oder so, aber deshalb,

ich sehe hier schon eine Perspektive sonst hätte ich ja auch mich dann nicht

entschieden, hier ein Haus zu bauen und einen riesen Kredit aufzunehmen,

weil das, da musst du dir ja sicher sein, dass du hier bleibst und dass du das auch bezahlen kannst,

und also die Jobsituation ist das eine, aber das andere ist ja auch so,

dass das Persönliche, was man hier draus macht,

ne, also ich kann mich ja jetzt auch bei mir einigeln und keine Kontakte haben

oder keine, ja, keine anderen sozialen Aktivitäten, dann habe ich vielleicht

auch das Gefühl, dass ich hier keine Perspektive habe.

Aber wenn man sich dann einlässt, wieder Teil vom Dorf zu sein,

dann finde ich, kann man hier gut leben.

Wir hatten ja auch 2022 hat der Reichwalde an dem Projekt teilgenommen, unser Dorf hat Zukunft.

Und da haben wir ja sozusagen den ersten Preis im Landkreis Görlitz gewonnen.

Romy 0:31:13

Hey, Glückwunsch.

Sarah 0:31:14

Ja.

Romy 0:31:16

Wie habt ihr denn das gemacht?

Sarah 0:31:18

Wenn wir es können. Nee, naja doch.

Also das war wirklich schön, dass der Frank Müller wahrscheinlich uns da angemeldet

hat. Das ist der Ausvorsteher.

Romy 0:31:32

Genau.

Sarah 0:31:32

Und dann hatten wir sozusagen aus allen Vereinen Vertreter und quasi jeder Verein

hat sich vorgestellt, ich glaube wir hatten drei Stunden Zeit,

als dann die Kommission vom Landkreis kam,

unser Dorf zu präsentieren und haben das sozusagen auf H1-Ebene gemacht.

Wir sind dann durchs Dorf gelaufen oder mit dem Traktor gefahren,

was ja in Reichwalde auch Tradition ist.

Romy 0:32:00

Mit dem Traktortreffen.

Sarah 0:32:01

Genau.

Und so hat sich jeder Verein was überlegt. Wir haben auch so eine gemeinsame Broschüre gemacht.

Wir sollten das niederschreiben, wir sollten es mündlich präsentieren und niederschreiben,

damit quasi die Kommission auch was zu lesen hat.

Und ich habe meine ausgedruckte Niederschrift gar nicht mehr,

weil die Leute mir das aus der Hand gerissen haben. Oh, ich will das auch mal

lesen und ich finde es interessant.

Und ja, das war schön, wenn man ja auch sozusagen über die eigenen Vereine,

also ich bin auch im Sportverein mit tätig, über die eigenen Vereine hinaus guckt.

Und sich auch inspirieren lassen kann und auch ins Gespräch kommen kann.

Was macht ihr oder welche Förderung gibt es, was kann man da machen und so.

Genau, ja. Und dann sind wir noch in den sächsischen Ausscheid,

also als Sieger sozusagen, sind wir noch in den Ausscheid für Sachsen gekommen.

Aber da sind wir, also haben wir jetzt nicht irgendwie 1. 2. 3.

Preis gemacht, Aber wir haben einen Ehrenpreis, so hieß es glaube ich,

gewonnen für, ich weiß nicht, ob ich es jetzt genau richtig wiedergebe,

aber für ein besonderes Engagement in der Corona-Zeit oder so.

Und da hieß es, oder den haben wir dafür bekommen, weil während der Corona-Zeit

an zwei Stellen im Dorf immer um 18 oder 19 Uhr, weiß ich jetzt gerade gar nicht mehr, gesungen wurde.

So, das hatten ja aus der Kirche einige sehr Engagierte ja so ins Leben gerufen.

Und das war natürlich auch Teil unserer Präsentation bei Unser Dorf hat Zukunft sozusagen.

Und dafür haben wir dann diesen Sonderpreis erhalten.

Und das ist natürlich auch, kann ja auch stolz machen, dass sie auch Leben ist.

Romy 0:33:54

Also ich habe das Gefühl von außen, dass hier extrem viel Leben ist,

weil ihr stellt ja wahnsinnig viele große Veranstaltungen auf die Beine.

Sarah 0:34:05

Also das ist hier halt vielleicht auch so gewachsen.

Und richtig begreifen kann man es ja nicht. Ja.

Romy 0:34:14

Und hast du das Gefühl, dass alle so an einem Strang ziehen und alle das Gleiche wollen für den Ort?

Sarah 0:34:21

Es gibt natürlich unterschiedliche Meinungen. Ja. So und vielleicht auch Generationsthemen sozusagen.

Oder wichtig ist quasi, dass junge Leute nachkommen.

Das ist ja auch gegeben, hat man auch bei Unser Dorf hat Zukunft gesehen.

Also das Team, was da mitgemacht hat, war bunt gemischt von der Altersstruktur.

Romy 0:34:46

Ja, aber also der Übergang von älteren Vereinen oder die Übergabe von älteren

Vereinen an die Jugend, das ist ein Thema. Hör ich das richtig raus?

Sarah 0:34:58

Teilweise vielleicht schon, ja. Genau, oder ne?

Romy 0:35:02

Und das macht dir Bauchschmerzen?

Sarah 0:35:06

Nee, ich muss mich ja nicht mit allem auseinandersetzen. Also ich weiß,

dass zum Beispiel in der Kirche so das klappt, würde ich jetzt mal meinen.

Hier beim Sportverein, wo ich auch im Vorstand bin und ja, haben wir jetzt auch

so ein bisschen einen Generationswechsel vollzogen.

Romy 0:35:27

Was ist das für ein Verein?

Sarah 0:35:29

SV 48 Reichwalde.

Romy 0:35:31

Und das macht ihr?

Sarah 0:35:31

Also wir sind hier gerade, weil es gerade passt, auf dem Fußballplatz und zwar,

genau, es gibt eine Männermannschaft, die in der Liga Fußball spielt sozusagen

und am Samstag Nachmittag sind in der Regel die Spiele und da kommen echt viele Leute nach,

also nicht nur Ausreichwalde hierher, so als Treffpunkt am Samstag Nachmittag, sondern auch,

Ja, von außerhalb. Also wenn Klitten gerade spielfrei hat oder Kräber spielfrei

hat, dann kommen die Leute einfach her. Und super.

Also es ist, glaube ich, auch andersrum so, dass viele von Ausreichwalde dann

mal nach Klitten oder Kräber fahren, sodass so ein bisschen Netzwerk auch da ist.

Aber das ist schön, also da ist hier sozusagen diese Schneise,

auf der wir gerade jetzt hier langlaufen, immer gut mit Menschen gefüllt.

Und man guckt Fußball, man unterhält sich, man bespricht das nächste Bauprojekt oder was auch immer.

Romy 0:36:27

Also es ist ein Ort des Austausches und des Miteinanders.

Sarah 0:36:31

Genau.

Romy 0:36:32

Und du spielst Fußball?

Sarah 0:36:33

Nee, also so zum Spaß, aber schon lange jetzt leider nicht mehr.

Wir hatten bis vor vier, drei, vier Jahren, haben so ein paar Frauen und die

älteren Herren und die Jugend. Ja.

Freitagabend hier so ein offenes Training gemacht für alle, die gern ein bisschen

durch die Gegend rennen wollen und sich auspowern wollen.

Das ist jetzt leider irgendwie eingeschlafen. Gut, ich muss sagen,

ich habe ja durch meine beiden Kinder, die in den letzten vier Jahren quasi

geboren sind, konnte ich ja auch selber nicht mehr oder bin ja jetzt auch nicht

mehr so flexibel, dass ich sagen kann, ich habe jetzt hier jeden Freitag Arnzeit.

Genau, das ist ja ganz klar. Genau, aber es ist schade, dass gerade das so ein

bisschen eingeschlafen ist.

Heute ist hier Arbeitseinsatz. Sehr schön.

Das gehört auch dazu. Hallo. Hallo Rainer. Hallo.

Holz wird reingesägt, weil die

Duschen, die werden hier mit einem Holzofen befeuert. Ach echt? Ja, krass.

Deshalb machen die auch immer wieder Holz sozusagen. Also neben dem fußballerischen

oder sportlichen sind halt auch viele andere Sachen einfach auch immer zu tun.

Zum Beispiel vor, wann war es denn 21 oder so, haben wir hier den ganzen Sportplatz

umgegraben mit Firmen und haben eine Beregnungsanlage, eine automatische,

installiert.

Hier war vorher eine Aschenbahn, die wurde weggemacht, weil außer Unkrautzupfen nicht so viel war.

Es ist natürlich, also es ist schwer an Herzens wurde die weggemacht,

weil natürlich so ein Sportplatz mit Aschenbahn schön aussieht.

Romy 0:38:13

Ja, nicht nur das, sondern auch Möglichkeit für andere Vereine gibt,

sich irgendwie zu betätigen.

Sarah 0:38:17

Genau, genau. Aber da es wirklich leider einfach nur Arbeit war,

Krott zu zupfen und durch so eine automatische Bewässerung dann natürlich noch

mehr Unkrott gekommen wäre, wenn das immer schön nass gehalten wird.

Wir können ja mal weitergehen, das ist ein bisschen laut, sonst fühle ich dir.

Also wurde das weggemacht, auch mit Fördermitteln der SAB-Bank und auch die

LEAG, die hier den Tagebau betreibt sozusagen, die hat uns auch unterstützt.

Und da konnten wir sozusagen das umsetzen, teilweise mit Firmen und teilweise

mit viel Eigenleistung.

Romy 0:38:56

Ja, aber schön. Also das zeigt ja auch, wenn sich so viele Leute einbringen,

dass sie Herzblut haben für ihren Ort, dass sie aktiv mitgestalten wollen und

den Ort voranbringen wollen. Das ist doch super.

Also das ist sicherlich was, was Reichwalde total lebenswert macht,

dass es eine Art Gemeinschaft gibt, die daran arbeitet, ein schönes Lebensumfeld

zu schaffen und zu erhalten vor allem auch.

Sarah 0:39:21

Ja, das ist es. Und hier ziehen dann auch wirklich Ältere und Jüngere an einem.

Strang, so größtenteils, sag ich mal.

Und dann ist es auch schön, ja. Das glaube ich.

Romy 0:39:33

Ja, und bist du anderweitig sportlich aktiv, wenn es jetzt das Fußball nicht mehr ist?

Sarah 0:39:36

Wir gehen gerne mal wandern, können hier lang über den Eichendamm gehen oder

ich mache zu Hause so abends, wenn die Kinder schlafen, zwischen neun und zehn

noch ein bisschen Sport.

Das ist natürlich auch echt immer eine Überwindung, aber so eine gewisse Grundfitness

möchte ich schon gerne halten.

Deshalb zwinge ich mich dann dazu, auch noch was zu machen. Genau.

Romy 0:40:02

Ich komme nochmal ganz kurz zurück auf deine Auslandsaufenthalte.

Du hast gesagt, du hast so ein bisschen Gelassenheit mitgebracht.

Gibt es noch etwas, was du mitgenommen hast, was sich positiv jetzt auch auf

dein Leben hier in Reichwalde auswirkt, beziehungsweise in der Region und was

du vielleicht auch weitergibst?

Sarah 0:40:24

Also auf jeden Fall, das sollte man eigentlich auch was Erzes in den Kopf schießen,

dieses über den Tellerrand hinausschauen.

Also das war ja schon mit, nach Regensburg gehen war ja schon auch über den

Tellerrand hinausschauen eigentlich.

Aber ich bin grundsätzlich total interessiert an anderen Ländern,

anderen Kulturen. Ich würde am liebsten die ganze Welt bereisen.

Und...

Also ich finde, ja, was ich anderen mitgeben kann,

ist halt vielleicht wirklich sich auf anderes einzulassen und sich zu trauen

und auch mal woanders in Urlaub zu fahren.

Auch wenn man die Sprache nicht spricht, man kommt da irgendwie durch.

Romy 0:41:13

Also du sprichst nicht fließend Englisch und auch nicht fließend Italienisch.

Sarah 0:41:16

Also Englisch, ich meinte das jetzt eher so ein bisschen auf Urlaub bezogen,

dass man auch mal in ein anderes Land sich traut zu reisen, um dort mal diesen

Kultur- und Menschenkreis kennenzulernen.

Doch, ich spreche Englisch und auch halbwegs Italienisch, wobei brauche ich

halt hier nicht mehr so wirklich das Italienisch.

Romy 0:41:36

Ja, in der Pizzeria La Romantica vielleicht.

Sarah 0:41:38

Nein, La Romantica nicht, lieber in Ritschen. Aha, genau, war ich jetzt. Also schon ein paar Mal.

Das ist ja eine Empfehlung. Es wird auch von Sizilianern betrieben.

Romy 0:41:51

Also schmeckt auch italienisch. Okay, und da kannst du dann deine Sprachkenntnisse anbringen?

Sarah 0:41:57

Da hatte ich den einen Kellner gefragt auf Italienisch, jetzt neulich,

woher er in Italien ist. Und da guckt er mich so an.

Ja, ist meine Aussprache so schlecht? Vielleicht habe ich noch mal versucht,

das so schön zu formulieren.

Und dann habe ich auf Deutsch gesagt, achso, nee, ich komme gar nicht aus Italien. Ich komme vom Balkan.

Und das war ziemlich witzig. Ja, das glaube ich.

Also nicht jeder, der dort arbeitet, ist Italiener, aber die Eigentümer sind Italiener.

Genau, deshalb ja.

Ist dort auch nicht anwendend. Im Urlaub kann ich es schon anwenden.

Italienisch ist ja eine romanische Sprache, die sich mit, also da gibt es ja

viele Parallelen zum Spanischen, vom Wortstamm, nicht von der Aussprache,

aber vom Wortstamm auch zum Französischen.

Und wenn wir da in den Ländern im Urlaub sind, kann ich mich zumindest orientieren,

weil ich die Schilder verstehe.

Oder so in etwa weiß, was es ist, eine Speisekarte zu lesen,

ohne dass das auf Englisch drunter steht.

Das hilft mir dann schon und dann bin ich immer ganz glücklich,

dass das nicht alles für die Katze war.

Nee, war es ja eh nicht, aber gerade das Italienisch lernen,

das ist mir wirklich schwer gefallen.

Und ja, eigentlich umso mehr schade, dass ich es so selten brauche.

Ich spreche hier ja auch nicht so viel Englisch, aber das ist anders irgendwie

schon im Kopf verankert.

Also ich bin super gerne hier und hier gehöre ich hin. Also das ist unbestritten.

Romy 0:43:38

Warum merkst du das?

Sarah 0:43:39

Ich hatte ja tatsächlich auch darüber nachgedacht, nach dem Studium nach Italien

zu gehen, weil ich halt dort auch einen Partner hatte.

Das hat dann halt auch nicht geklappt, weil ich keine Stelle bekommen habe.

Aber da war auch schon immer im Hinterkopf, kannst du das, kannst du deine Familie

und deine Sandkastenfreundinnen und Freunde zurücklassen?

Also weil das ja jetzt nicht Dresden oder Berlin ist, sondern das sind 1500

Kilometer plus minus und das legst du ja mal nicht so schnell zurück.

Romy 0:44:19

Das ist eine große Entscheidung.

Sarah 0:44:21

Genau und...

Will ich verpassen, wie meine Geschwister Kinder kriegen und so.

Also das sind ja dann so Fragen. Oder will ich Kinder, die ich mal habe,

will ich, dass die mit ihren Cousinen, Cousins und Großeltern aufwachsen?

Und das haben wir ja hier.

Also wir wohnen alle hier in Reichwalde quasi.

Meine Familie mit meinen Geschwistern sozusagen und Großeltern und Onkelpanten.

Und die Schwiegerfamilie wohnt ja in Boxberg.

Das ist schön so, dass man, ich meine, es hat ja jeder sein Leben und seine

Aufgaben und geht arbeiten und hat sein Engagement so im Ort.

Aber wir gestalten unser Leben ja zusammen.

Und das weiß ich, dass das die richtige Entscheidung war, sozusagen,

weil mir Familie auch wichtig ist.

Romy 0:45:18

Ja, das hört man raus, dass das sehr wichtig ist.

Und du hattest, nachdem du nach diesen zehn Jahren zurückgekommen bist,

hattest du keine Anschlussschwierigkeiten hier in Reichwalde?

Weil ich hatte keine Anschlussschwierigkeiten, aber ich habe schon gemerkt,

was ich teilweise immer noch merke, dass ich diese Leute gar nicht mehr kenne,

weil die, mit denen ich früher zusammen war, sind alle weg.

Und ich war ja länger als zehn Jahre weg.

Und ja, dann da anzukommen und sich, also ich habe mir das komplett neu aufgebaut.

Sarah 0:45:53

Ich glaube, du bist ja ein bisschen älter als ich.

Romy 0:45:58

Ach, nur leicht.

Sarah 0:45:59

Naja, aber ich glaube, Deine Generation, die sozusagen in den 90er Jahren,

also ihr bist ja wahrscheinlich auch in den 90er Jahren,

musstest du quasi dich orientieren, was du nach der Schule machst.

Und da sind ja halt quasi alle weggegangen.

Und das war ja dann, ich sag mal, zehn Jahre später, als es bei uns 2004,

2006, da sind schon auch noch Leute nach der Schule weg.

Romy 0:46:31

Gegangen, aber nicht mehr so ein großer Spalne.

Sarah 0:46:34

Oder nicht mehr nach München oder da, wo so alle hingegangen sind,

sondern nach Dresden. Ja.

Das ist ja auch anders und ein paar sind auch wieder zurückgekommen.

Also ich glaube, dass da einfach meine Generation,

schon mehr Glück gehabt hat, bessere Aussichten jetzt gehabt hat hier und deshalb

ist es vielleicht für mich auch ein bisschen leichter, war, hier wieder Fuß zu fassen.

Aber natürlich musste man sich auch orientieren und gucken, mit wem will ich

denn Kontakt oder mit wem passe ich denn zusammen?

Romy 0:47:16

Aufgrund der Erfahrungen, die man gewonnen hat?

Sarah 0:47:17

Genau, also hatten auch dann, es hatten ja auch viele gesagt, war es aber...

Gehst du nach Reichwald zurück? Also, was ist denn in dich gefahren?

Oder wie denkst du, dass du dort glücklich wirst?

Und klarkommst vor allem. Ja, genau.

Und wenn ich das jetzt heute vergleiche,

ich habe eine meiner besten Freundinnen, die wohnt in Wien bzw.

Bald wieder in München. Und wenn wir die besuchen und ich mir vorstellen müsste,

wenn ich mir vorstellen müsste, ich müsste mit meinen Kindern in so einer Stadt wohnen.

Ja, wir laufen jetzt hier seit, weiß ich nicht, einer Stunde oder so,

haben fünf Leute gesehen und ganz viel Natur.

Also das erdet ja auch total. Und der Arbeitsweg, da begegnest ein Wolf und drei Autos.

Also das ist ja viel entspannter und das genieße ich einfach total.

Und wenn ich wieder merke, dass da ein bisschen Fernweh aufkommt,

dann habe ich mit meinem Mann und meinen Kindern drei Leute,

die total gerne mit mir auch in

Urlaub fahren und wo man wieder die Flügel benutzen kann, die ich so habe.

Genau, also das ist ja nicht ausgeschlossen, dass man dann auch weiterhin quasi

was anderes macht. Ja, also ich glaube auch.

Romy 0:48:44

Dass dieser Perspektivwechsel total wichtig ist, dass die Leute gehen, um andere,

um Erfahrungen woanders zu machen, um Erfahrungen zu machen mit anderen Menschen

aus anderen Kulturen, in anderen Lebensräumen,

sage ich es mal so, und diese Erfahrungen mitbringen,

um die Region auch weiter zu entwickeln.

Das hört sich so blöd an, aber tatsächlich auch

Sarah 0:49:11

Die Scheuklappen so ein bisschen von den Augen zu nehmen.

Romy 0:49:16

Die Scheuklappen von den Augen zu nehmen und ein bisschen offener zu werden

für das Leben, für das, was uns umgibt.

Und wie du es gesagt hast, auch zu erkennen, wie gut es uns geht im Vergleich zu anderen Ländern.

Ja, und dankbar auch dafür zu sein, dass wir eigentlich hier sein dürfen,

unabhängig davon, wie viel möglicherweise gerade im Argen ist.

Sarah 0:49:40

Richtig, genau. So sehe ich das auch.

Das sind auch sozusagen meine größten Baustellen, hier mit den Menschen und

dieser oftmals sehr negativen Art klarzukommen,

mich nicht von denen abzuwenden, sondern irgendwie trotzdem im Gespräch zu bleiben.

Naja, zu erkennen, du kannst die Menschen nicht ändern. Nee.

Du kannst nur stark sein und auch einfach immer wieder mal deine Sicht reinbringen.

Das ist ein Eichhörnchen.

Ja, aber das ist natürlich auch schwer, immer da...

Romy 0:50:24

Kräftezehrend.

Sarah 0:50:25

Kräftezehrend immer anti zu sein.

Oder also positiv anti zu sein. Ja, ich weiß, was du meinst.

Romy 0:50:35

Aber vielleicht geht es gar nicht um dieses Dagegensprechen,

sondern vielleicht geht es einfach um einen Gedankenaustausch und dass man sich

gegenseitig durch diese unterschiedlichen Gedanken,

dass wir auch als Zurückgekommene unsere Sichtweise vielleicht auch nochmal

verändern in Bezug auf diese Negativität und sagen, ja, das hat die und die Gründe.

Und da hat ja jeder eine Geschichte, warum er sich so entwickelt hat und warum

er diese Einstellung hat.

Und dass wir vielleicht auch ein Verständnis dafür zu entwickeln,

ohne das jetzt immer gutheißen zu müssen.

Und die anderen dann ihren Blick ein Stück weit weiten, ohne dass sie das Gefühl

haben, wir wollen das überstimmen, weil das geht ja eh nicht.

Sarah 0:51:15

Richtig. Ja, also es ist natürlich schwer, dann sich zu öffnen und das nicht

abzutun und zu unterfragen, warum der Mensch so ist, was er mitbringt.

Und ich habe da auch neulich ein Buch drüber gelesen, das heißt Der Freiheitsschock.

Da geht es um die quasi, warum gerade in Ostdeutschland so viele Menschen unzufrieden sind.

Romy 0:51:43

Ja.

Sarah 0:51:44

So, hab da für mich auch so ein paar Sachen mitgenommen,

Also quasi diese von der DDR-Mentalität, weil die einfach so geprägt sind,

dass der Staat sie beschützt, dass der Staat eine Blase ist und alle gut versorgt

werden und dass nach der Wende quasi das ja auch alles zusammengebrochen ist für sie.

Und dass da auch Existenzen zerbrochen sind, das, was wir gerade auch hatten von vielen Leuten,

die Kinder weggegangen sind, weil sie hier keine Perspektive hatten oder also,

dass man da einfach sich selber auch immer wieder bewusst macht,

okay, der Mensch hat schon auch quasi seine Geschichte, aber ich bin halt trotzdem der Meinung,

wenn ich ein schönes Leben haben will, dann muss ich nicht erwarten,

dass mir das jemand anders macht, sondern das muss ich mir machen.

Romy 0:52:35

Ja, ich glaube, das ist bei einigen noch nicht im Kopf angekommen,

weil in der DDR war das so und da wurde das sozusagen alles gemacht.

Und diese Freiheit, genau als Schock, die sind noch in dieser Schockstarre.

Ich bin verantwortlich für mein eigenes Leben, für mein eigenes Glück und für mein Handeln.

Und wenn ich den Arsch nicht hochkriege, es wird keiner für mich tun.

Also es wird mir niemand einen Arschschritt geben.

Sarah 0:52:59

Genau. Ja, genau.

Romy 0:53:01

Und das ist aber schwer. Also ich weiß, dir geht es mit dem Sport so wahrscheinlich,

ab und zu mal den Arsch hochzukriegen. Genau. Mir auch.

Da gibt es ja ganz viele andere Themen, wo man überlegen muss,

bewerbe ich mich jetzt neu?

Ist das der richtige Partner? Ziehe ich jetzt doch weg?

Und mir geht es gesundheitlich schlecht, stelle ich meine Ernährung um,

meine ganze Lebensweise und das sind ja auch große Themen, das ist was anderes

als gehen wir zum Sport oder nicht

und über diese Stöckchen zu springen und zu sagen, ich packe das jetzt an und dann auch zu wissen,

ich kriege Unterstützung, wenn ich das denn wirklich will, gibt es wirklich

genug Unterstützungsmöglichkeiten, aber die sind halt auch nicht überall sichtbar,

ich glaube, das ist ein großes Problem.

Sarah 0:53:49

Das ist wichtig.

Und diese tausend Millionen Möglichkeiten, die wir haben, die überfordern uns auch.

Also man kann es ja auch teilweise gar nicht einordnen oder man denkt immer,

es muss ja immer noch mal besser gehen.

Das ist ja wirklich schwer und da muss man ja auch immer weiter reifen,

um mit sich im Reinen zu sein und zufrieden zu sein mit dem,

was man hat oder den Arsch hochkriegen und das verbessern.

Romy 0:54:20

Ja, irgendjemand hat mal gesagt, die Scheiße, in der ich sitze,

ist wenigstens warm. Also warum soll ich mich bewegen?

Sarah 0:54:29

Ja.

Romy 0:54:30

Ich kenne das Umfeld, wenn es mir schlecht geht und alles Neue macht ja auch ein Stück weit Angst.

Sarah 0:54:36

Ja, da ist immer Risiko. Die Scheiße kann noch größer werden.

Romy 0:54:41

Aber sie ist immer noch warm.

Sarah 0:54:43

Ja,

ich würde das ja auch nicht verurteilen.

Romy 0:54:49

Nein, darum geht es gar nicht. Darum geht es überhaupt nicht.

Sarah 0:54:53

Aber ja, wenn man nur so das Negative sieht, dann ist es einfach traurig,

so finde ich, für den Menschen an sich.

Ja, aber es gibt ja auch zum Glück Menschen, die da nicht so sind.

Und die habe ich hier ja auch gefunden.

Und mit denen leben wir ja so zusammen. Und das gibt ja auch Hoffnung oder man

gibt sich da selber Kraft, in diese Richtung zu gehen.

Und da ist auch mein Mann immer mir Halt oder auch in manchen Dingen so Vorbild,

der dann sagt, krieg dich doch nicht auf.

Also naja, das ist ja manchmal auch so leicht gesagt, aber du kannst das ja nicht ändern.

Und der Mensch ist so. Also wir sind auch viel im Gespräch so über kleine und

große zwischenmenschliche Sorgen sozusagen.

Und das tut auch gut, dass man genau den Partner hat, mit dem man da auch so gleich tickt.

Romy 0:55:55

Ja, ich kann dich sehr glücklich schätzen.

Sarah 0:55:56

Ja, kann ich.

Romy 0:55:58

Wo siehst du denn Reichwalde verortet in der Großgemeinde?

Sarah 0:56:02

Ich denke, da bleibt noch ganz schön viel Luft nach oben, um sich als Einwohner

der Gemeinde Boxberg zu fühlen.

Ich denke, wir fühlen uns oder ein Großteil der Reichwalder fühlt sich als Reichwalder.

Ja, ist ja auch okay. Ja.

Aber ich könnte vielleicht noch mal so ein paar weitere übergreifende Partnerschaften geben.

Aber es gibt es ja auch schon mit anderen Orten und auch ja im Privaten so,

dass man aus jedem größeren Ortsteil vielleicht so ein paar Leute kennt und

da so ein bisschen im Austausch zumindest bleibt. Ja, genau.

Romy 0:56:45

Ich glaube, was total wichtig ist bei diesen 18 Ortsteilen, die sind alle so...

Und die sind alle so individuell. Also jeder hat seine eigenen Stärken und bringt

so viel in diese Großgemeinde mit ein.

Und es geht aus meiner Sicht überhaupt nicht darum, aus der Großgemeinde einen

Einheitsbrei zu machen, sondern alle 18 Ortsteile sollen für sich stehen und

sich weiterentwickeln.

Für mich ist nur wichtig, dass dieser Gedanke, wir sind unter einem großen Dach,

dass der auch eine Rolle spielt.

Also, dass man sozusagen nicht die anderen Ortsteile ausspielt,

wenn es jetzt um Entscheidungen im Gemeinderat geht, sondern dass man gemeinschaftlich guckt,

was ist für die Großgemeinde sinnvoll, dass sich dann natürlich auch langfristig

oder mittelfristig, vielleicht sogar schon ganz kurzfristig auf die eigene Gemeinde auswirkt.

Und das ist, wo ich manchmal das Gefühl habe, auch nur von außen betrachtet,

dass das so ein bisschen, dass das noch nicht angekommen ist bei den Bürgern.

Dass es nicht darum geht, die Bürger zu Endreichwaldern und zu Boxbergern zu machen,

sondern einfach ein Gespür dafür zu bekommen, dass wir jetzt eine große Gemeinde

sind und jeder Ortsteil mit seinen individuellen Stärken sehr bereichernd ist für das ganze Gefüge.

Sarah 0:58:14

Das hast du gut gesagt.

Romy 0:58:17

Warum übergegeben? Naja, und wir versuchen ja mit diesem Vereinskalender,

der ja für die gesamte Gemeinde ist,

zu schauen, dass alle Vereinsaktivitäten oder auch Aktivitäten von Initiativen

dort eingetragen werden, sodass man tatsächlich einen guten Überblick über alles

hat, was in der Großgemeinde passiert.

Und wenn ihr als Sportverein dort eure Heimspiele auch noch eintragt,

dann kommen vielleicht auch noch mal Gäste, die in Ues oder Norden wohnen,

weil sie Bock auf Fußball haben und nicht nur aufs Gräber.

Also das ist ja auch noch eine Möglichkeit, das noch sichtbarer zu machen und

den Ort noch ein bisschen mehr,

man braucht ihn ja gar nicht putschen, der macht ja schon genug, aber ins

Sarah 0:59:00

Bewusstsein zu rücken.

Romy 0:59:00

Und tatsächlich auch in die Großgemeinde mit einzubinden.

Sarah 0:59:04

Ja, ich glaube, das ist wichtig, dass das irgendwie präsent ist.

Bei uns ging es schon häufig, ach Mist, das war gestern.

Romy 0:59:14

Ja, genau.

Sarah 0:59:16

So, da wollte ich doch hingehen.

Romy 0:59:17

Genau, das Amtsblatt hast du nicht zur Hand und ansonsten finden sie es nicht.

Sarah 0:59:21

Manche Termine liest man im Amtsblatt und denkt, das muss ich mir einschreiben,

dann schreibst du es nicht gleich ein.

Sag mal, wann war das denn? Na ja, haben wir verpasst. Ja, das stimmt.

Das ist ja auch schön, dass da jetzt so eine Entwicklung auch stattfindet,

mit eurer Arbeit, auch dass da immer mehr quasi vernetzt wird und sichtbar wird,

was die umliegenden Dörfer machen. Genau.

Romy 0:59:49

Finde ich auch.

Sarah 0:59:52

Ja, wirklich wichtig.

Romy 0:59:55

Du bist richtig warm geworden jetzt.

Sarah 0:59:58

Also früh dachte ich echt, ich muss die warme Jacke anziehen,

weil es doch der Wind auch so kalt war.

Aber wir gehen dann gleich nochmal hier nach rechts und dann kommt auch wieder

ein bisschen mehr Wind. Und dann sind wir wieder erfrischt.

Oder wir können auch durchs Dorf zurückgehen.

Romy 1:00:16

Was möchtest du mir denn noch zeigen von Reichwalde?

Sarah 1:00:18

Durch Natur sind wir ja jetzt ausgiebig gegangen. Wir könnten ja auch durchs Dorf zurückgehen.

Romy 1:00:24

Wie du möchtest.

Sarah 1:00:25

Ja, gerne nochmal an der Kirche lang. Ja, machen wir so.

Romy 1:00:29

Super.

Was gibt es denn noch so zu erzählen von Reichwolde?

Sarah 1:00:36

Hier sehen wir gerade, wie die Schlepperfreunde, die der Verein,

der ja das Traktortreffen ausrichtet, ihr Gebäude sanieren.

Die haben Fördermittel erhalten und bauen jetzt sozusagen dieses Gebäude um.

Ist natürlich auch wieder in ein unschönes Gebäude im Dorfbild,

was jetzt hier in, weiß ich nicht, wahrscheinlich 100 Prozent Eigenleistung,

wenn ich mir die Männer so angucke, ja hier quasi schön gemacht wird.

Und das erleben wir ja auch im Privaten immer wieder, wenn man Hilfe braucht.

Da hast du jede Art von Handwerker.

Romy 1:01:16

Die helfen kann.

Sarah 1:01:18

Und genauso helfen wir mit unseren

Gaben oder mit unserem, was wir halt so können, den anderen Leuten.

Und das macht es, finde ich, auch so aus, diese Form von Nachbarschaftshilfe.

Romy 1:01:29

Ja, die ist auch sehr wichtig, das stimmt.

Sarah 1:01:31

Genau. Und ja, in Gemeinschaft arbeitet es sich ja auch schöner.

Romy 1:01:39

Also wo und wann trefft ihr euch denn mit eurem Hauskreis und wie viele Leute seid ihr?

Sarah 1:01:44

Also wir treffen uns in der Regel aller 14 Tage, außer in den Ferien oder wenn

Feiertage sind, dann ist dieser 14-Tage-Rhythmus ein bisschen aufgeweicht.

20 Uhr und das findet immer bei jemandem zu Hause statt. Und meistens entscheiden

wir das ad hoc, also kurz in der Woche sozusagen.

Da starte ich immer so eine kleine Umfrage, wer denn kommen kann und wo wir

uns treffen wollen, weil häufig ist, ach du, ich habe heute niemanden für die

Kinder oder an dem Tag halt niemanden für die Kinder.

Können wir uns bei mir treffen, damit ich trotzdem teilnehmen kann oder wieso?

Also wir haben da jetzt keinen festen Rhythmus, bei wem es ist,

sondern so, dass es für alle irgendwie realisierbar ist.

Romy 1:02:29

Und wo findet man Kontakt oder sowas?

Sarah 1:02:32

Also in...

Romy 1:02:34

Oder ist das eine geschlossene Runde, die von euch aus erweitert wird?

Sarah 1:02:37

Überhaupt nicht. Also wir stehen ja im...

Im Amtsblatt. Wir stehen auch in dem Gemeindeblatt von der Kirche.

Und jeder, der sich angesprochen fühlt, kann da gerne kommen.

Genau. Und beim Sportverein, weil es mir gerade einfällt, habe ich vergessen,

wir haben, weil wir da gerade auf dem Sportplatz waren, völlig vergessen,

dass wir auch eine Gymnastikfrauensportgruppe haben.

Die treffen sich immer Montag, ich glaube 18 Uhr. und da ist eine hier in Reichwalde im Bürgerhaus.

Romy 1:03:14

Meine ich. Da bei der Feuerwehr?

Sarah 1:03:15

Genau.

Romy 1:03:17

Also kurz vorm Schwimmbad?

Sarah 1:03:19

Genau. Im Sommer fahren die dann meistens zum See oder die fahren dann mit dem Fahrrad.

Ach cool. Und so machen sie halt Gymnastikübungen auch von einer Physiotherapeutin,

aus dem Dorf, also ehemaligen Physiotherapeutin sozusagen, die jetzt im Land

ist angeleitet und das sind,

ja, Aber ich weiß jetzt gerade nicht, wie viele Frauen es sind,

aber es sind, glaube ich, 10 oder 15 Frauen, die sich da regelmäßig treffen.

Und die sind natürlich auch immer auf der Suche nach Interessierten und freuen

sich da auch über jede, die mitmacht.

Also nicht nur aus Reichwalde, um auch die anderen Ortsteile so ein bisschen

zu erreichen, dass diese Sportgruppe für alle offen ist, sozusagen für einen

Mitgliedsbeitrag im Verein von ungefähr 50 Euro pro Jahr.

Also das ist ja nichts, als wenn man jetzt sich im Fitnessstudio anmeldet oder so.

Also das ist auch noch wichtig, dass ich das nicht unter den Tisch fallen lasse.

Da freuen wir uns auch über jede Frau, die sich neu anmeldet.

Romy 1:04:20

Schön.

Sarah 1:04:21

So ist es genau. Ja, hier sind wir jetzt bei unserer Reichwalder Kirche. Ja.

Romy 1:04:27

Von wem wird die gepflegt?

Sarah 1:04:28

Ja, auch von den Ehrenamtlichen. Hier Außenpflege machen übers Jahr verteilt.

Also wir haben eine Angestellte, eine, die quasi für ein paar Stunden in der

Woche, ich weiß nicht wie viele, viele Sachen schon macht, aber vieles natürlich

auch dann über Ehrenamt, wo es, glaube ich, so einen Kalender gibt,

wo Monat für Monat ein anderes Ehepaar eingetragen ist, dass die da so ein bisschen

mal ringsherum schauen.

Romy 1:04:56

Dass dort Ordnung ist.

Sarah 1:04:57

Und geputzt. Das machen auch zwei Frauen sozusagen, die putzen wieder immer vor dem Gottesdienst.

Also auch viel Ehrenamt,

Genau.

Romy 1:05:11

Letzte Frage habe ich noch.

Sarah 1:05:12

Perfekt, weil wir gerade hier in die Straße wieder einbiegen, wo wir wohnen.

Romy 1:05:19

Was ist dein Lieblingsplatz in Reichwalde?

Sarah 1:05:22

Wahrscheinlich mein eigener Garten.

Aber in Reichwalde an sich gibt es so viele schöne Plätze.

Ich finde, wenn man hier bei uns die Straße schon rausgeht, so wie wir auch

gegangen sind. Also ich gehe ungefähr 100 Meter und dann bin ich so auf dem Feld.

Das finde ich schon toll.

Also es ist einfach da so eine weitere Sicht schon zu haben.

Das finde ich schön. Ich fühle mich auch total wohl in unserer Kirche.

Ich finde das so, weil die ist ja innen aus Holz und ich finde,

die hebt sich dadurch so von anderen Kirchen ab und das macht es so einladend und so schön.

Und wahrscheinlich ist es auch einfach, ich bin da in der Kirche,

seit ich ein kleines Kind bin und da fühle ich mich halt auch irgendwie verbunden.

Romy 1:06:16

Oder geborgen.

Sarah 1:06:17

Geborgen, genau. und ja, also so einen direkten Lieblingsort habe ich nicht,

aber einfach so die Natur ringsrum, die so nah ist, das ist schon schön.

Romy 1:06:30

Schön. Jetzt sind wir da.

Sarah 1:06:32

Ja.

Romy 1:06:34

Ja, dann vielen Dank. Das war eine sehr schöne, spannende, abwechslungsreiche

Runde. Hat mich sehr gefreut.

Sarah 1:06:42

Ich fand es auch echt schön. Also ja, wirklich auch sehr entspannt.

Romy 1:06:49

Hast du nicht mitgerechnet, wa?

Sarah 1:06:51

Ich hab hier einen Fragenkatalog erwartet,

den ich abarbeiten muss.

Nee, aber ich war schon gespannt, wie es gelingt, so ein Gespräch am Laufen zu halten.

Und auch über mich, was ich denn so erzähle.

Weil ich ja so eine Situation in dem Sinne auch noch nicht hatte.

Romy 1:07:11

Genau, ja.

Sarah 1:07:12

Schön, kann ich nur weiter empfehlen.

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